Weingut Bernhard Huber: Rotwein wird stilvoll in ein Glas eingeschenkt – Symbol fuer Eleganz und Burgunder-Stilistik

Pinot mit Profil: Was hinter den großen Spätburgundern steckt

Spätburgunder ist keine Rebsorte, die sich einfach mit einer kräftigen Farbe oder einem lauten Aroma ins Glas drängt. Vielmehr lebt er von seinem Understatement, von der feinen Balance und von der Fähigkeit, Boden, Klima und Stilistik miteinander zu verweben. Doch gerade darin liegt sein Reiz. Denn wer bereit ist, genau hinzuschmecken, erkennt nicht nur Aromen, sondern auch Haltung. Und genau deshalb steht der Name Weingut Bernhard Huber für weit mehr als nur Weinproduktion.


Der Boden, der Charakter formt

In Malterdingen, einem kleinen Ort am Rand des Schwarzwalds, liegen einige der spannendsten Weinlagen für Spätburgunder in Deutschland. Der Untergrund ist geprägt von kalkhaltigen Böden, die Wasser gut speichern und gleichzeitig tiefgründige Aromen ermöglichen. Doch erst in Kombination mit einer kühlen Luftströmung und einem gezielten Ertragsmanagement entfaltet sich die volle Ausdruckskraft dieser Lage.

Reben, die auf solchen Böden wachsen, entwickeln nicht nur eine besondere Aromatik, sondern vor allem eine filigrane Struktur. Diese Struktur ist es, die später am Gaumen als Frische, Spannung und Länge wahrgenommen wird – und die Spätburgunder aus dieser Region so unverwechselbar macht.

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Die Rolle der Handarbeit

Obwohl moderne Kellertechnik viele Prozesse erleichtert, bleibt der entscheidende Teil der Weinbereitung Handarbeit. Der Rebschnitt, die Laubarbeit, die selektive Lese – all das wird mit größter Sorgfalt ausgeführt. Nicht, weil es schneller ginge, sondern weil es besser ist. Denn nur so lässt sich die Qualität bereits im Weinberg beeinflussen.

Das Weingut Bernhard Huber geht diesen Weg seit Jahrzehnten konsequent. Dabei wird nicht auf kurzfristige Trends gesetzt, sondern auf das, was sich über Jahre bewährt hat. Die Gärung erfolgt spontan, der Ausbau im Barrique ist präzise abgestimmt, und der Einsatz von neuem Holz wird bewusst dosiert. Ziel ist nicht Dominanz, sondern Balance.

Stil mit Zurückhaltung

Was viele große Weine eint, ist ihr zurückhaltender Stil. Sie schreien nicht, sie flüstern – aber eindringlich. Spätburgunder in dieser Liga spielt nicht mit Schwere, sondern mit Tiefe. Er lebt von Spannung, von Nuancen, von einer Eleganz, die sich erst mit etwas Geduld ganz entfaltet.

Gerade in der Reife zeigt sich, wie viel Potenzial in einem fein vinifizierten Pinot steckt. Was jung oft noch verschlossen wirkt, öffnet sich mit einigen Jahren Lagerung zu einem komplexen Geflecht aus Frucht, Kräuterwürze und erdigen Noten. Wer sich darauf einlässt, erlebt eine Entwicklung, die nicht nur überrascht, sondern oft auch berührt.

Jahrgänge mit Aussagekraft

Jeder Jahrgang erzählt eine andere Geschichte. Während 2018 für seine Wärme und runden Tannine steht, bringt 2020 mehr Frische, mehr Säure und dafür weniger Fülle ins Spiel. Was bleibt, ist die Handschrift des Hauses. Denn egal, wie unterschiedlich die klimatischen Bedingungen sind – der Stil bleibt präzise, klar und spannungsgeladen.

Und genau deshalb lohnt es sich, auch vertikal zu verkosten – also mehrere Jahrgänge nebeneinander. Wer das tut, erkennt nicht nur Unterschiede im Witterungsverlauf, sondern auch die Konstanz und Weiterentwicklung, die sich nur durch eine kompromisslose Qualitätsphilosophie erzielen lässt.

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Interview – „Geduld schmeckt man“

Gespräch mit Oenologe Sebastian Mertens über die Kunst, Pinot Noir mit Charakter zu erzeugen

Redaktion: Herr Mertens, was macht für Sie einen richtig guten Spätburgunder aus?

Sebastian Mertens: Wenn er leise ist. Wenn er nicht alles auf einmal zeigt, sondern sich Zeit nimmt – genau wie der Mensch, der ihn trinkt. Für mich ist ein guter Pinot einer, der Tiefe hat, aber nicht aufdringlich wirkt. Und der den Ort, aus dem er stammt, wirklich widerspiegelt.

Redaktion: Das klingt fast poetisch. Was heißt das konkret?

Sebastian Mertens: Es heißt: Der Wein darf nicht alles überdecken – weder mit Holz noch mit Frucht. Er muss fein sein, fast filigran. Spätburgunder ist empfindlich, aber genau das macht ihn so faszinierend. Er kann mehr erzählen als viele andere Rebsorten, aber er braucht dafür Feingefühl im Ausbau und Sorgfalt im Weinberg.

Redaktion: Welche Rolle spielt der Boden?

Sebastian Mertens: Eine entscheidende. Kalkhaltige Böden wie in Malterdingen geben dem Wein diese kühle, salzige Ader. Das spürt man später am Gaumen – als Frische, als Zug, als Struktur.

Redaktion: Und wie wichtig ist der Jahrgang?

Sebastian Mertens: Sehr wichtig. Jeder Jahrgang hat seine eigene Handschrift. 2018 war sehr zugänglich, 2020 ist dagegen schlanker, aber unglaublich präzise. Das Ziel ist es nicht, jeden Wein gleich zu machen, sondern jeden Jahrgang bestmöglich auszudrücken. Das ist die Herausforderung – aber auch das Schöne.

Redaktion: Was würden Sie jemandem raten, der zum ersten Mal einen hochwertigen Pinot probiert?

Sebastian Mertens: Geduld. Zeit geben – im Glas und im Kopf. Und keine Erwartungen an Farbe oder Wucht mitbringen. Pinot belohnt diejenigen, die zuhören wollen.

Und vielleicht noch ein Tipp: Man sollte den Wein nie zu warm trinken. Lieber bei 14–16 Grad. Dann bleibt er klar und elegant.

Redaktion: Zum Schluss: Was macht die Arbeit am Spätburgunder für Sie persönlich besonders?

Sebastian Mertens: Dass er sich nie wiederholt. Selbst nach vielen Jahren und Dutzenden Jahrgängen bleibt jeder Fassausbau ein neues Gespräch. Und manchmal erzählt dir ein Wein erst nach Monaten, was er wirklich will. Diese leise Spannung – die macht süchtig.

Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch.

Wenn Wein Haltung zeigt

Spätburgunder verlangt viel – vom Boden, vom Winzer, vom Jahrgang. Aber er gibt auch viel zurück. Wer sich auf ihn einlässt, erlebt mehr als ein Getränk. Er bekommt ein Stück Landschaft, ein bisschen Philosophie und ein Gefühl für das, was mit Geduld und Präzision möglich ist.

Wenn ein Pinot Charakter hat, dann nicht, weil er laut ist, sondern weil er klar ist. Und genau das macht ihn so besonders. Zwischen Frucht und Struktur, Eleganz und Tiefe zeigt sich das Profil eines Weines, der nicht alles auf einmal will – sondern nur eines: überzeugen. Leise, aber nachdrücklich.

Bildnachweis: Adobe Stock/ BillionPhotos.com, Deyan Georgiev, thomsond